Prof. Dr. theol. Walter Sparn, Erlangen:
Niederlage Gottes?

Das Böse als kosmologisches Rätsel und als anthropologisches Geheimnis


1. Das "Geheimnis der Bosheit" (2.Thess. 2,7): Die Dramatik des Kampfes zwischen dem Christus Gottes und dem Bösen in der endzeitlichen Gegenwart.

2. "Das Böse ist ein Mangel an Gutsein": Die metaphysische Rettung des Glaubens an das Gutsein der Welt im ganzen, und die fatalen Kosten dieser Rettung für alle Beteiligten, auch für Christen.

3. Das "moralische Übel" als einzig wirkliches Böses: Die Verteidigung des Schöpfers der bestmöglichen endlichen Welt in der modernen Theodizee, und die Kosten dieser Entschuldung Gottes zulasten der Freiheit des Menschen.

4. Das "radikale Böse": Warum die Tatsache, daß Menschen ihre Handlungsfreiheit zum Guten und zum Bösen gebrauchen, nicht durch den Glauben an den moralischen Fortschritt überholt werden kann, sondern eine praktische Antwort erfordert, und was sie mit Gott zu tun hat.

5. "Warum leide ich?" Das erlittene Böse als ein Stachel im Herzen, den der Kopf weder durch theistische Postulate noch auch durch atheistischen Protest beseitigen kann, dem gegenüber auch der "amor fati", das große Ja zu allem, eine Kopfgeburt bleibt.

6. "Warum tue ich Böses?" Die doppelte Unmöglichkeit, sich auf die Seite der unschuldigen Opfer zu schlagen, und sich "ab jetzt" und für immer als Täter des Guten zu etablieren - um so die endzeit!iche Scheidung des Guten und des Bösen vorwegzunehmen.

7. Das Böse als "Rätsel" und als "Geheimnis": Der Ort der (aktiven und passiven) Erfahrung des Bösen als "Sünde", d. h. als menschliche Schuld und als menschheitliche Tragik, zwischen Gott dem Schöpfer und Erhalter der Welt und Gott dem Erlöser der Menschen.

8. "Felix culpa" (glückliche Schuld) und "Sünde wider den Heiligen Geist": Das endzeitlich radikale Böse ist der todes- und nichtssüchtige Glaube an die Unvergebbarkeit menschlicher Schuld angesichts und trotz der Gegenwart des barmherzigen Gottes in der Welt der Sünder.